Ich persönlich habe mich immer für Computer, IT-Technologie und das Internet interessiert, jedoch auch für politisch-gesellschaftliche Fragen. Schließlich habe ich Geschichte und Politik an der LMU München studiert, wobei lange der Journalismus mein Berufsziel war. Die Begeisterung für Technik, Internet und auch für das Texten konnte ich aber als Online-Publisher und professioneller Suchmaschinenoptimierer (SEO) am besten realisieren. Das grundsätzliche Interesse an journalistischen Themen hat sich aber erhalten. Bedingt durch meine Biografie habe ich mir in der Vergangenheit wiederholt Gedanken zum Verhältnis zwischen SEO und Journalismus gemacht. Besonders interessant erscheinen mir dabei diese vier Fragen:
1. Haben sich SEO-Maßnahmen auf die Qualität der Internet-Texte ausgewirkt, und wenn ja, wie?
Diese Frage ist zunächst einfach zu beantworten: „Eindeutig Ja“. Der Grund liegt in gut vernetzten Produkttest-Blogs und einfach konstruierten Seiten für Linknetzwerke. Ihr einziger Zweck besteht darin, den Google Algorithmus zu manipulieren. Das sogenannte Suchmaschinen-Spamming führte einige Zeit lang zu einer Flut an minderwertigen Blogs und „Content-Müllhalden“, welche die erste der Suchergebnis-Seiten bei Google zu vielen Themen überschwemmten.
Mit den beiden großen Algorithmus-Updates Panda und Penguin schaffte es der Suchmaschinen-Konzern allerdings recht effektiv, in den SERPS (Ergebnisseiten der Suchmaschine) aufzuräumen. Zweitklassige Webseiten mit lediglich guter Verlinkung, dafür aber umso schlechterem Inhalt verschwinden immer von den vorderen Positionen. Durch die weitere Verfeinerung des Algorithmus hält dieser Trend weiter an. Die minderwertigen Internetseiten sind immer noch vorhanden. Womit sich die Frage stellt, ob SEO der wirtschaftlichen Basis des Journalismus hierdurch geschadet hat?
2. Schadet SEO dem Journalismus und seiner wirtschaftlichen Basis?
Auch hier erscheint eine Antwort relativ einfach: „Eher nein“. „0815-SEO Seiten“ wie https://plug-pray.org können einfach nicht mit Internet-Publikationen ausgebildeter Journalisten mithalten. Professionelle Redakteure überzeugen den Internet-Nutzer mit tollen, professionellen Texten, nicht nur die Suchmaschine mit guter Verlinkung. Dabei ist Journalisten ein Stück weit Konkurrenz durch neuere, hochwertige Projekte mit SEO Hintergrund entstanden: Qualitative SEO-Projekte stehen manchmal durch deren bessere Optimierung für Suchmaschinen – weiter vorne in den SERPs. Solange diese Projekte mit hochwertigen Inhalten aufwarten und nicht nur durch eine bessere Verlinkung vorne stehen, stellen sie eine legitime Konkurrenz dar. Diesem Wettbewerb sollten sich Journalisten stellen! Natürlich könnten journalistisch ausgebildete Texter auch mit Suchmaschinenspezialisten zusammen arbeiten, was nahtlos in die nächste Frage überleitet.
3. Sind Synergieeffekte zwischen SEO und Journalismus möglich und sollten oder müssen Journalisten sogar auf SEO setzen?
Zusammenarbeit von klassischen SEOs mit klassischen Journalisten existiert im Moment noch kaum. Zwar gibt es einige Online-Redakteure, die hochwertige Inhalte für SEO-Seiten erstellen. Journalisten der klassischen, journalistischen Massenmedien halten sich diesem Bereich aber in der Regel bewusst fern. Im Bereich des Content Marketings aber wären Synergieeffekte durchaus möglich. Content-Marketing war zwar bislang kein klassisches Tätigkeitsfeld eines SEOs, wächst mit den aktuellen Veränderungen aber immer mehr in deren Aufgabenbereich hinein: Soll die Sichtbarkeit bei Google gesteigert werden, braucht auch der Suchmaschinenoptimierer exzellente Inhalte. Dieser „Top-Content“ kann von journalistischen Premium-Anbietern kommen. So besteht im Content Marketing Bereich das größte Potential für eine Zusammenarbeit.
Wie aber verhält es sich anders herum? Braucht journalistischer Inhalt Suchmaschinenoptimierung? Hier gilt es, erst einmal weiter auszuholen. Nicht nur für Außenstehende ist es offensichtlich, dass das Internet dem Journalismus einen tiefgreifenden Wandlungsprozess „auferlegt“ hat: Die Branche befindet sich im Umbruch. Viele neue Fragen wurden aufgeworfen, manche schon beantwortet. Eine dieser Antworten lautet SEO; zumindest dann, wenn journalistische Premium-Inhalte auch gelesen werden sollen. Keyword-Recherche sowie die technische Optimierung der Seitenstruktur bleibt für Journalisten Pflicht, sollen ihre Inhalte die Aufmerksamkeit erhalten, die sie auch verdienen.
Der Grund: Entgegen einer weit verbreiteten Falschmeinung ist Google keinesfalls in der Lage, guten „Content an sich“ zu erkennen. Der Suchmaschinengigant wird nur immer besser darin, Signale auszuwerten, die gute Inhalte generieren (beispielsweise eine lange Verweildauer auf der Internetseite und eine geringe Absprungrate). Auch hinsichtlich SEO werden sich Journalisten an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen müssen. Forderungen an Google, seinen Algoritmus zu ändern, oder an die Gesellschaft, ihre Ansprüche anzupassen, mögen zwar ein Stück weit ihre Berechtigung haben und sind aus der Sicht des Journalisten durchaus verständlich. Letztendlich aber wird sich der Journalismus an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen, nicht umgekehrt.
Durch die vielen freiwilligen Verlinkungen, die exzellente Inhalte im Web erfahren, bleiben Journalisten in der glücklichen Lage, dem „Schmuddelkind“ der SEO Brache entgehen zu können: dem Aufbau von Backlinks. Die letzte und schwierigste Frage stellt sich dem Journalisten mit SEO-Anspruch also nur bedingt.
4. Lässt sich SEO-Backlinkaufbau mit dem Gebot der Trennung redaktioneller und werblicher Inhalten vereinbaren?
Google Rankings bestimmen heutzutage maßgeblich den Geschäftserfolg kommerzieller Anbieter im Internet. Früher galt das vor allem für Webshops, heutzutage betrifft die Abhängigkeit von Google zunehmend auch Geschäftsfelder, die dem Offline Bereich entstammen. Nach der technischen, semantischen und qualitativen Seitenoptimierung auf größtmögliche Relevanz bestimmt Google die – teilweise wirtschaftlich äußerst bedeutenden Rankings – zu einem großen Teil aus Anzahl und Qualität von Backlinks.
Googles Richtlinien für Webmaster schreiben vor, dass Links auf kommerzielle Anbieter nur nach redaktionellen Kriterien gesetzt werden dürfen. Andernfalls, besonders beim Kauf von Links, müssen diese mit dem „nofollow-Attribut“ versehen werden. Auch nach § 4 UWG ist Schleichwerbung unzulässig. Laut § 6 TMG muss kommerzielle Kommunikation klar als solche gekennzeichnet sein. So erhalten vor allem gekaufte Links einen werbenden Charakter und müssten, zumindest an den meisten Stellen, eigentlich als Werbung gekennzeichnet werden. Denn jeder professionell gesetzte Link fördert potentiell das Ranking und damit den Geschäftserfolg des verlinkten Unternehmen.
Auf der anderen Seite fördern auch Links ohne kommerziellen Hintergrund die Rankings kommerzieller Anbieter bei Google. Der einzige Unterschied besteht darin, dass keine kommerzielle Motivation vorliegt. Es wird deswegen wohl immer Linkbuilder geben, die versuchen, natürlichen Linkaufbau zu simulieren. In der Praxis gibt es somit immer noch keine klaren Abgrenzungskriterien, womit dem Internet, seinen Webseiten-Betreibern, Bloggern und nicht zuletzt dem SEO ein grundsätzliches Problem um Schleichwerbung entstanden ist. Hier bedarf es noch einer breiteren, gesellschaftlichen Diskussion, abseits einiger weniger Internet-Marketing- und Juristen- Blogs, die sich bereits mit dem Thema beschäftigen. Glücklicherweise findet in letzter Zeit in der „SEO-Szene“ bereits ein Umdenken statt. SEOs setzen vermehrt auf innovative Methoden und gute redaktionelle Inhalte sind schon oft die wichtigste SEO-Maßnahme. Vom klassischen Linkkauf wenden sich immer mehr SEOs und Online Marketer ab.
Sehr interessanter Artikel zu einem sehr interessanten Thema. Danke fürs Teilen! Werde ich auf jeden Fall weiter verfolgen!